Die Frage nach dem Sinn unseres Daseins gehört zu den großen Fragen der Philosophie. Auch in psychischen Krisen stellt sie sich oft. Ein Einwurf.
Manchmal treffen einen diese Fragen wie ein Schlag: Welchen Sinn hat das alles? Warum soll ich mich noch bemühen? Erreiche ich meine Ziele überhaupt? Das ist eine Zuspitzung der philosophischen Sinnfrage, die von mangelndem Selbstwertgefühl und Verzweiflung und dem Verlust von Lebensmut hervorgerufen werden können.
Ich selbst stehe philosophisch gesehen – sicherlich aufgrund meines Atheismus – dem Existentialismus recht nahe. Ich glaube, dass es keinen Gott gibt, der unserem Dasein eine Sinn einschreibt, und dass unser Dasein überhaupt nur das Produkt eines physikalischen und chemischen Zufalls ist. Aber gerade darin sehe ich etwas sehr Befreiendes. Auf die hilfesuchende Frage einer Freundin antwortete ich deshalb wie folgt:
Ich habe den Sinn verloren. Kannst du mir helfen?
„Oh, da kann ich dir nicht wirklich helfen. Unser Dasein ist vollkommen sinnlos und schon die Entstehung des Lebens an sich ein Zufall von ausgesuchter Beliebigkeit. Insgesamt sind wir nicht nur sterblich, sondern auch entbehrlich und irrelevant. Nichts hat eine Bedeutung. Oder meintest du jetzt einen konkreten Grund, warum genau du eine bestimmte Sache machen solltest?
„Was schwebt dir vor? Gibt es etwas, das du glaubst, dass du es tun musst, wovon du aber nicht weißt, wie du die Kraft dafür aufbringen sollst? Oder gibt es etwas, das du tun möchtest, aber nicht weißt, warum du dir überhaupt die Mühe geben und die Energie hineinstecken solltest?
„Na ja, es gibt Dinge, die du machen musst, um zu überleben. Es sind weniger, als wir allgemein annehmen. Auf der anderen Seite könnte man sich natürlich auch die Frage stellen, warum wir überhaupt überleben wollen. Ich denke, die Antwort darauf ist, dass wir – da wir nun ja schon mal da sind – auch das Beste draus machen können.
„Was die Dinge angeht, die du machen möchtest: Ist das nicht Grund genug? Dass du es möchtest? Was sollte dich davon abhalten? Sicherlich: Es ist sinnlos. Alles wird vergehen. Aber deswegen ist die Frage danach, welchen übergeordneten Sinn irgendwas haben könnte, auch falsch. Es gibt keinen.
„Es gibt aber einen Sinn, den diese Sache für dich hat. Du möchtest sie tun. Und das ist Sinn und Grund genug, sie auch zu tun. Wie gesagt: Nun, da du schon mal da bist, kannst du auch das Beste draus machen. Der Vorteil ist, dass dir das größte Unabhängigkeit gibt: Du musst dich nicht rechtfertigen. Du darfst das tun, was du tun möchtest.
„Auf der anderen Seite gibt es auch Dinge, die du nicht tun musst. Von denen würde ich die Finger lassen.
„Ich gebe zu, dass diese Sichtweise sehr kalt und düster wirken kann. Tatsächlich aber ist sie befreiend.“
Andere Fragen: Selbstwertgefühl, Daseinsberechtigung
Es gibt eine ganze Reihe von anderen Fragen, die hinter diesem Erlebnis stecken, dass einem plötzlich alles sinnlos erscheint.
Meines Erachtens hängt das zusammen mit der weit verbreiteten Angewohnheit, uns, unsere Ziele und den Erfolg unseres Tuns mit anderen zu vergleichen. Anfällig sind dafür möglicherweise Menschen überproportional, die wenig Selbstwertgefühl haben, ihre eigene Daseinsberechtigung in Frage stellen und von der Bestätigung durch andere abhängig sind.
Auf all diese Fragen werde ich sicherlich noch eingehen müssen. Aber in Zusammenhang mit der Sinnfrage erscheint mir eben dies richtig: Niemand gibt dir einen Sinn. Deshalb musst und darfst du deinem Handeln selbst Sinn zuweisen. Du bedarfst dafür niemandes Zustimmung und niemandes Applaus. Du allein zählst.